Die von Kim Young-joon für AedesBerlin konzipierte Ausstellung präsentiert die Paju Book City mit einem großen Überblicksmodell, Fotografien bereits realisierter Gebäude, Entwürfen für geplante Bauten sowie kleineren Einzelmodellen und stellt die am Projekt beteiligten koreanischen und internationalen ArchitektInnen vor. Zur Ausstellungseröffnung finden drei Kurzvorträge von ArchitektInnen statt, die das Konzept bzw. ihre Projekte für die Paju Book City vorstellen sowie einen Einblick in das zeitgenössische koreanische Architekturschaffen bieten.
Die 2003 eröffnete südkoreanische Paju Book City ist eine Printmedien-Metropole, die mit ihrem städtebaulich-architektonischen Konzept einen Gegenentwurf zu den im asiatischen Raum sonst üblichen Megaprojekten zu formulieren versucht. Bis 2007 sollen sich auf dem 150 Hektar großen Areal, ca. 30 km außerhalb von Seoul, 300 Unternehmen ansiedeln, die an der Konzeption, Produktion und Distribution von Büchern beteiligt sind. Durch diese Konzentration, die auf eine private Initiative maßgeblicher Verleger zurückgeht, soll die koreanische Buchbranche modernisiert und eine Infrastruktur geschaffen werden, die den zukünftigen Anforderungen gewachsen ist. Attraktiv für das Verlagswesen sind vor allem die Einrichtungen, die gemeinsam genutzt werden können wie z. B. eine Lagerhalle für 30 Millionen Bücher mit einem Vertriebszentrum, das in der Lage ist, 440.000 Bände täglich auszuliefern sowie das „Asia Publication Culture & Infomation Center“, das u. a. die Verlage bei Buchmessen und Übersetzungen unterstützt.
Ein auf der Basis der Bedürfnisse und Anforderungen der Verlage entwickelter städtebaulicher Masterplan war bereits ausgearbeitet, als die Verlegergemeinschaft die beiden bekannten koreanischen Architekten Min Hyun-sik und Seung H-sang mit der Entwicklung architektonischer Leitlinien beauftragte. Eine spezifische architektonische Sprache für einen bereits festgelegten Bebauungsplan zu finden widersprach allerdings deren Vorstellungen. In Zusammenarbeit mit dem Städteplaner Florian Beigel und zwei weiteren koreanischen Architekten versuchte das „design guideline team“ deshalb – ausgehend von der Topographie des Baugeländes zwischen dem Han-Fluss und der Simhak-Hügelkette – ein Konzept zu entwickeln, das darauf basiert, die Paju Book City als autarke Stadt zu planen, die den dort künftig arbeitenden und lebenden Menschen einen vollwertigen urbanen Raum anbietet. Über pragmatische Bedingungen wie Flächennutzung, Verkehrsströme und Bevölkerungsdichte hinaus fragen sie nach dem Kern dessen, was die Qualität einer Stadt ausmacht: Komplexität, Gemeinschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Ökologie wurden zu den bestimmenden Prinzipien des „Paju Landscape Script“. Als konzeptionelles Leitmotiv formulierten sie den Begriff der „specific indeterminacy“: In Rückbesinnung auf die traditionelle koreanische Architektur, die keine vorgefassten Nutzungen für Räume kennt und in der dem leeren, funktionsfreien Raum große Bedeutung zukommt, sollte eine infrastrukturelle Basis geschaffen werden, die nach den Wünschen und Lebensumständen der Bewohner verändert werden kann – ein lockeres, unfertiges Gefüge, das auch Leerräume und Freiflächen vorsieht.
In Reaktion auf die spezifische Topographie mit Hügeln, Flussläufen und Sumpfgebieten wurden fünf unterschiedliche Bautypen festgelegt, die den infrastrukturellen Rahmen für die Bebauung bilden: die auf den Fluss und die Hügel ausgerichteten, gestaffelten Zeilenbauten der „Bookshelf Units“ für Verlagsgebäude, „Highway Shadow Units“ entlang der Autobahn für Produktionsbetriebe, „Urban Island Units“ in Blockrandbebauung für Verlage und kommerzielle Einrichtungen, dem Flusslauf folgende „Canal Loft Units“ und dazwischen die „Stone Units“, die wiederum für Verlagsgebäude sowie Informationszentren vorgesehen sind. Die maximale Gebäudehöhe wurde mit 8 bzw. 15 Metern festgesetzt, Vorgaben wie Außentreppen, Gebäude verbindende Brücken, Öffnungen und Sichtachsen sowie Grüngürtel zwischen den privaten Grundstücken – die nicht von Mauern umgeben sein dürfen – sollen den angestrebten durchlässigen Charakter der Stadt mit fließenden Übergängen zwischen urbanem Raum und natürlicher Umgebung gewährleisten. Zur Umsetzung der Leitlinien wurde den einzelnen privaten Investoren ein Pool von 40 koreanischen und internationalen Architekten vorgeschlagen – die Bauherren konnten sich jedoch auch frei für einen Architekten entscheiden. Jeder Bau muss vom „design guideline team“ genehmigt werden, das den Entwurf in Hinblick auf die Architektur sowie den Städtebau begutachtet. Paju Book City ist der Prototyp einer neu errichteten Stadt, die im Gleichklang mit der sie umgebenden Natur und den ökonomischen Erfordernissen ein modernes, menschenwürdiges und nachhaltiges Umfeld schafft. Die beteiligten Planer verstehen ihren Ansatz aber auch als bewussten Versuch, eine Diskussion über neue Wege in der Wahrnehmung dessen, was städtische Umgebung heute sein kann, in Gang zu setzen.
beteiligte architektInnen Florian Beigel, Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa, Foreign Office (Alejandro Zaera-Polo + Farshid Moussavi), Suh Hailim + Kim Junsung, Chang Yung-ho, Kim Young-sub, Kwon Moon-sung, Manuel Gausa, Choi Moon-gyu, Jang Yoon-gyoo, Yi Jong-ho, Kim Seung-hoy, Choi Du-nam, Woo Kyung-kook, Min Hyun-sik, Kim Jong-kyu, Joh Sung-yong, Choi Wook, Seo Hyun + Cemong Architecs, E Il-hoon, Kim Kwang-hyun, Kim In-cheurl, Cho Min-suk + Park Ki-su, Kim Won, Lee Min-ah + Daniel Valle, Kim Byung-hyun, Stan Allen, Bang Chul-rin, Chung Guyon, Kim Hyo-man, Waro Kishi, Xaveer de Geyter, Kim Bong-ryol + Kang Seung-hee, Kim Byung-yoon, Vicente Guallart, Kim Young-joon
paju book city Client: Cooperative of Paju Book City (Yi Ki-ung, Chairman) Coordinator: Seung H-sang, Kim Young-joon Basic Masterplan: Environment Planning Institute of Seoul National University (Hwang Ki-won, Director) Urban Landscape Concept Design: Florian Beigel Architects mit Architecture Research Unit, London Metropolitan University Design Guideline Team: Florian Beigel, Min Hyun-sik, Kim Jong-kyu, Kim Young-joon und Seung H-sang
Die Ausstellung wurde kuratiert von Kim Young-joon und organisiert in Zusammenarbeit mit der Galerie AedesBerlin
Zur Ausstellungseröffnung finden drei Kurzvorträge von ArchitektInnen statt, die das Konzept bzw. ihre Projekte für die Paju Book City vorstellen sowie einen Einblick in das zeitgenössische koreanische Architekturschaffen bieten.
Die Ausgabe 3/06 der Programmzeitschrift aut: info mit Hintergrundinformationen zu den Ausstellungen „Paju Book City“ und „Technologie und Landschaft “ und zum Programm des aut zwischen Mai und Juni 2006.
Auf dieser Seite verwenden wir Cookies und speichern anonymisierte, statistische Daten zur Auswertung der Website-Nutzung. Mit dem Drücken von "OK" oder dem Weitersurfen auf dieser Website stimmen sie dem zu. Detaillierte Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.