ivona jelčić: boden für busse
Wer seinen Pkw einen Tag lang in einer Parkgarage in der Innsbrucker Innenstadt abstellt, zahlt dafür durchschnittlich 20 Euro. Die Tagesgebühr für einen Reisebus auf dem Busparkplatz am Innsbrucker Fenner-Areal beträgt nicht einmal das Doppelte, nämlich 35 Euro. So billig gibt es die Innsbruck Information und Reservierung GmbH, eine Gesellschaft des Tourismusverbands Innsbruck, für Busunternehmer*innen, die mehrheitlich Tagestourist*innen in die Stadt bringen. In Salzburg, wo die Parkplätze für Reisebusse aus dem Zentrum an den Stadtrand verlegt wurden, beträgt der Tagestarif 50 Euro, bei zusätzlicher Nutzung der online buchbaren, innerstädtischen Ein- und Ausstiegsterminals 70 Euro.
Und was haben die Stadt Innsbruck und die Wirtschaft von den hiesigen Dumping-Tarifen? 35 Euro. Gerade einmal so viel gibt eine Tagestourist*in laut einer Studie der Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2016 im Schnitt in Innsbruck aus.
Zahlt es sich aus, dafür eine wertvolle innerstädtische Fläche als Busparkplatz zur Verfügung zu stellen? Für wen zahlt sich das aus? Und warum stehen nur ein paar hundert Meter entfernt, nämlich am Areal der Innsbrucker Messe, mehrere tausend Quadratmeter Freifläche fast das ganze Jahr über leer und werden nicht als Parkplatz für Reisebusse in Erwägung gezogen?
Die Innsbrucker Debatten über einen Parkplatz für Touristenbusse werfen jede Menge Fragen auf. Der Parkplatz am Fenner-Areal muss demnächst dem MCI-Neubau weichen. Als sinnvolle Alternative galt noch vor ein paar Jahren eine unterirdische Busgarage. Sie war Teil des 2016 im Wettbewerb um den MCI-Neubau gekürten Siegerprojekts der Architekten Loudon, Habeler und Kirchweger. Dieses Projekt wurde bekanntlich unter sehr merkwürdigen Umständen vom Land gestoppt. Mit dem Ergebnis, dass viel Geld in Gerichtsverfahren und Vergleichszahlungen geflossen ist und dass es eine Neuausschreibung gab, die ein räumlich verkleinertes, aber noch teureres Projekt hervorgebracht hat. Eine Busgarage ist darin nicht mehr vorgesehen. Sie gilt plötzlich nicht mehr als zukunftsfähige Lösung.
Tatsächlich kann man es anachronistisch finden, eine Busgarage ins Stadtzentrum zu bauen, während in anderen Kommunen längst darüber nachgedacht wird, wie man den innerstädtischen Verkehr und damit eben auch den Reisebusverkehr eindämmen kann. Doch wer glaubt, es habe zu dem Thema in Innsbruck ein grundsätzliches Umdenken gegeben, täuscht sich gewaltig. Vielmehr scheint beim Thema Busparkplatz nach wie vor die Billig-Devise zu gelten. Billiger als eine Busgarage zu bauen ist es nämlich, den Parkplatz einfach ein Stück weiter nach Norden auf das Areal der Hofgarten-Gärtnerei zu verlegen.
Zwischenzeitlich ist zwar auch die von ÖVP und Grünen propagierte Idee eines digitalen Leitsystems mit dezentralen Parkplätzen und zentralen Ein- und Ausstiegsplattformen aufgekommen. Dafür wird es im Gemeinderat aber keine Mehrheit geben. Unterdessen wurde hinter den Kulissen weiter an jenem Plan gefeilt, den der grüne Bürgermeister auch schon zuvor favorisiert hatte: Busparkplatz am Gärtnerei-Areal. Dass dieses Areal zum Teil ohnehin schon asphaltiert und versiegelt ist, mag stimmen. Ein Argument für noch mehr Asphalt kann das aber wohl kaum sein. Zumindest dann nicht, wenn man verantwortungsvolle Bodenpolitik als Schlüsselfrage der Zukunft ernst nimmt. Aber insbesondere, wenn es um den Tourismus geht, gelten in Tirol und Innsbruck nach wie vor andere Regeln.
Text: Ivona Jelčić, aus aut: info 2/22