Egon Rainer: Ordnung und Lebendigkeit
ausstellungEin Einblick in das umfangreiche Schaffen des Innsbrucker Designers, Innenarchitekten, Künstlers und Lehrers Egon Rainer (1938 – 2019).
weiterlesen …Zwei Texte aus dem Nachlass von Egon Rainer
Die beiden Texte stammen aus Manuskripten aus dem Nachlass von Egon Rainer, abgedruckt in der aut: info 1/2021.
Der erste, längere Text (I) ist vermutlich im Zusammenhang mit der Verleihung des Österreichischen Staatspreis für gute Form 1969 entstanden. Der zweite Abschnitt (II) ist einem Manuskript entnommen, das Egon Rainer anlässlich seiner Ausstellung 1991 in der Galerie Zeitkunst in Kitzbühel verfasst haben dürfte.
I
mein weg zum design
Ich habe mich schon sehr früh mit dem Raum und der Umweltgestaltung beschäftigt, einschlägige fachtechnische, künstlerische als auch soziologische Studien unternommen und auf diese Weise ein Fundament geschaffen, mich mit dem Problem künftiger Lebensformen als auch mit der klassischen Formgebung auseinanderzusetzen.
Hierbei sehe ich einer gewaltigen Entwicklung entgegen. Nahezu jeder Gegenstand verlangt es, aus meiner Sicht des Räumlich-Architektonischen heraus, umgestaltet oder völlig neu entwickelt zu werden. Hinzu kommt die ständig fortschreitende, technische Entwicklung mit vielen neuen Materialien und Verfahren.
warum ich mich bisher besonders dem möbel-design gewidmet habe
Ausgangspunkt für diese meine Entwicklungen ist die Innenarchitektur. Es geht mir darum, im verfügbaren Raum eine wirkliche Architektur zu schaffen, nicht etwa im Sinne einer Ausschmückung einzurichten. Der Einrichtungsgegenstand wird neben seiner Funktion Element und Baustein zur Gestaltung von Räumen im Raum.
Ich glaube nicht länger an das Möbel im herkömmlichen Sinne, an die starre, dominierende, unveränderliche Konstruktion, sondern viel mehr an frei in den Raum gestellte, bewegliche, variierbare Elemente verschiedenster Strukturen. Das Möbel ist im Begriff, den Raum von Grund auf zu ändern und Spiel zu werden innerhalb einer ganz neuen Wohnart.
worauf ich den erfolg (staatspreis) bzw. die gute form zurückführe
Grundsätzlich entsteht gute Form nicht durch Zufall, sondern ist Ergebnis einer zielbewussten Planung. Neben Funktion und Konstruktion eines Produktes ist die Form ein entscheidendes Qualitätserfordernis.
Im gegebenen Fall zeichnet sich die gute Form in der Selbstverständlichkeit der Gegenstände ab, die – von einer simplen Konstruktion angeleitet – nichts anderes sein wollte, als die Antwort auf die Frage nach einem sozialen Möbel.
Die Form wurde damit zu einer Idee, die wir heute so vergeblich suchen, mit dem Sinn für das Wirtschaftliche einer Konstruktion gerüstet. Hin- zu kommt die Großartigkeit der Durchführung einer als richtig erkannten Idee – nämlich Erfordernis und Stil.
Es bestätigt sich in der Gesamtkonzeption des Programmes meine Theorie, ein dynamisches Interieur zu schaffen, das Architektur mit lebendigen Akzenten heutiger Lebensformen verbindet.
zur allgemeinen entwicklung des designers in österreich
Darüber kann ich mich leider nicht optimistisch äußern. Zu beklagen ist in erster Linie die trostlose ermüdende Anspruchslosigkeit, Aufgaben ohne Forderungen an ein gewisses Niveau, alles ist zu gut, zu neu, dem Produzenten und Verbraucher zu mühsam, sich damit zu befassen, mit ganz wenigen Ausnahmen, die aber die gesamtösterreichische Situation nicht retten können.
Ich bin auch überzeugt, dass die wirtschaftlich-technische Ausbildung des Österreichers mit der gesamteuropäischen Struktur nicht Schritt halten kann. Design, Produktion und Verbrauch sind untrennbare Begriffe.
mein ziel
Ich betrachte es als meine Aufgabe, Impulse zu geben für die Umweltgestaltung der eigenen Generation, Anregung zu geben zu neuen Verfahren und Fertigungstechniken in der Produktion und hinzuweisen, wie sehr eine gut gestaltete Umwelt unser Wohlbefinden zu heben vermag.
II
architektur bedeutet für mich
Architektur bedeutet – für mich – Schaffen von Räumen im Raum. Dabei spielen Maßstabsfragen eine entscheidende Rolle, ebenso wie der Begriff „Proportion“. Funktionen sind auf einen formalen Nenner zu bringen. Der Einzelteil ist jeweils Teil des Ganzen. Die Bewältigung von Strecken, Flächen bis hin in die dritte Dimension ist die Grundlage für Harmonie. Die Qualität des Materials, dessen Dimensionen und Verarbeitung, die Nuancierung des Lichtes und Schattens. Alles ist aus dem Raum bezogen, räumlich zu sehen. Ob Objekt, Raum oder Architektur, der Einzelteil ist Teil des Ganzen.
Es geht mir offenbar doch um eine Mission. Dem planenden Menschen ist allmählich das optisch-statische Gefühl verloren gegangen; zumindest ist es gefährdet. Die verschiedenen modernen Bauweisen und möglichen Techniken haben für große Verwirrung gesorgt.
Dem Bedürfnis nach Harmonie in unserer Umwelt wird in einem nur unzureichenden Aus- maß entsprochen. Die Auswirkungen auf die Erscheinungen des Lebens und auf unser Sein werden sicher – wenn auch vielleicht unbewusst – von jenem Teil harmonischen oder disharmonischen Empfindens getragen. Insofern wäre es eine Verpflichtung, das Maß jener Komponenten zu erforschen, zu üben und zu vermitteln. Letztlich ist nur ein gesunder – in Harmonie (nämlich das klassische Maß) lebender Mensch leistungsfähig.
Ein Einblick in das umfangreiche Schaffen des Innsbrucker Designers, Innenarchitekten, Künstlers und Lehrers Egon Rainer (1938 – 2019).
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