in memoriam andreas egger (1946 – 2020)
Ein Nachruf von Hanno Schlögl
Für mich unfassbar, müssen wir innerhalb eines knappen Monats vom Künstler Lois Weinberger, vom ehemaligen Leiter des AZW, Dietmar Steiner, und ganz überraschend auch von Architekt Andreas Egger Abschied nehmen. Andreas, in Haiming mit mehreren Geschwistern aufgewachsen, repräsentiert mit seinem zurückhaltenden, fairen Naturell jenen Typ des Architekten, der trotz großer Konkurrenz keine Feinde zu haben schien. Er besuchte die HTL in Innsbruck, in deren Klasse u.a.Margarethe Heubacher-Sentobe, Peter Kirchmair, Heinz Planatscher und Albert Weber die Schulbank drückten. Eggers künstlerisches Talent, in seiner Familie kein Einzelfall, ist doch sein Bruder Alfons Egger ein namhafter Künstler, veranlasste ihn nach der Matura 1965 an die Akademie der bildenden Künste in Wien zu wechseln, wo er 1969 in der Meisterschule Roland Rainer diplomierte.
Ohne sich in einer festen Anstellung „blockieren“ zu wollen, nimmt er lieber an Wettbewerben teil, um erst 1978 die Ziviltechnikerprüfung abzulegen. Erste innovative Architekturbeiträge zum Thema Wohnbau lieferte Egger gemeinsam mit Siegbert Haas und Peter Kirchmair 1971 für die beiden Wettbewerbe „Wohnen Morgen Oberwart“ (2. Preis) und 1972 für „Wohnen Morgen Dornbirn“ mit unkonventionellen Grundrissen, nachzulesen im Katalog „widerstand und wandel. über die 1970er jahre in tirol“ zur gleichnamigen Ausstellung im aut. In diese Zeit fällt auch der intensive wie freundschaftliche Kontakt zum Künstler Charly Pfeifle.
Die Chance für konkrete Aufträge öffnete sich Egger mit der privaten Wohnbaugesellschaft „P+M“ (Heinz Pedrini, Günter Minatti), die ihm, nicht ohne beiderseitigem Risiko, das Vertrauen schenkte und nach Norbert Heltschl weitere Terrassenhäuser in Innsbruck planen ließ. Mit dem Terrassenhaus „Sonnleitn“ in Mühlau gelang Egger ein Entwurf für ein naturnahes Wohnen größeren Maßstabes in einer topografisch recht schwierigen Situation. In diesen Jahren stieß ich zum Team der Ausführungsplanung, was in weiterer Folge 1973 zur Gründung des „Atelier Mühlau“ (Andreas Egger, Heinz Pedrini und Hanno Schlögl) führte. Neben Bauten unterschiedlicher Nutzungen wurden weitere Wettbewerbe gemacht, u.a. mit zwei angekauften Beiträgen zu „Wohnen Morgen Wien und Wallersee“. Egger zeichnete sich bei diesen dadurch aus, dass er die im Burgenland und Vorarlberg erdachten Vorschläge mit mir zu komplexen, stapelbaren Hofhaustypen weiter entwickelte. In das Jahr 1976 fällt auch eine durch die Ausstellung „Tendenzen – Neuere Architektur im Tessin“ angeregte Exkursion mit mir und unseren Frauen zu Bauten von Mario Botta, Bruno Reichlin, Luigi Snozzi und einigen anderen mehr.
Eggers architektonische Stärke lag, wie wiederholt feststellbar, in der klugen Einschätzung städtebaulicher Kontexte, was ihm u.a. die Einladung zum Gestaltungsbeirat von Feldkirch (1992-94) einbrachte. Nach Auflösung des „Atelier Mühlau“ übertrug ihm Günter Minatti die Planung der Terrassenwohnsiedlung „Nova Park“ auf dem Grundstück eines alten Steinbruchs in Arzl. Danach arbeitete Egger wieder mit mir für einige Jahre in loser Arbeitsgemeinschaft bis zur Einreichplanung des Wohn- und Pflegeheimes „Haus im Stiftsgarten“ in Hall zusammen.
Mit dem 1983 direkt erhaltenen Auftrag, das Areal oberhalb der Weiherburg mit Gebäuden und Gehegen für alpine Tierarten für den Alpenzoo zu entwickeln, entschloss sich Egger keine Kooperationen mehr einzugehen und alleinverantwortlich als Architekt zu arbeiten. Die Planungen für den Alpenzoo sollten ihn neben einigen Wohn-, Geschäfts- und Hotelbauten (z.B. Hotel Alpenkönig in Reith bei Seefeld) über die Jahre hinweg beschäftigen. Mit ihm als architektonischer Kopf einer acht Familien umfassenden Errichtergemeinschaft setzte er 1981 partizipatorisch eine Reihenhausanlage in Vill um, in der er auch einige Jahrzehnte wohnte – „ein Impuls, heute noch respektabel“, Zitat Otto Kapfinger in „Bauen in Tirol seit 1980“.
Seine städtebauliche Kompetenz unter Beweis stellte er 1993 mit der großflächigen Überbauung des Arkadenplatzes unterhalb der Festung Kufstein und 1999 mit dem Gebäude für die Kufsteiner Stadtwerke, mit den architektonisch signifikanten, glasgedeckten Innenhöfen, beides Projekte nach gewonnenen Wettbewerben mit prominent besetzter Jury. Als permanent entwerfender „Wettbewerbler“ gewann er 2005 die Ausschreibung des von ihm in Folge realisierten „Hauses St. Notburga“ in Eben am Achensee und des Wohn- und Pflegezentrums Achenkirch, dessen Umsetzung aus unerklärlichen Gründen an einen nachgereihten, deutschen Mitbewerber und Stammgast des Ortes vergeben wurde. Es sollten seine letzten zwei Wettbewerbssiege bleiben.
Erst vor wenigen Monaten entschloss er sich mit seiner Frau Christine, die ihm stets beratend zur Seite stand und ihn in organisatorischen Belangen unterstützte, das Atelier in der Kaiserjägerstraße schweren Herzens aufzugeben.
Tirols Architektenschaft und der Verfasser dieser Zeilen wie enger Freund, nehmen betroffen Abschied von Andreas Egger, einem Zeit seines Lebens leidenschaftlichen Architekten, der sich in Tirols Architekturlandschaft prägend eingeschrieben hat.
(Hanno Schlögl, 2020)