in memoriam norbert heltschl (1919 – 2017)
„Eine Architektur, welche nicht den Anspruch auf Kunst erhebt, ist keine Architektur.“
(Norbert Heltschl)
1919 als Sohn einer Imsterin und eines britischen Kolonialoffiziers aus Manchester in Tirol geboren, zeigt Norbert Heltschl schon früh Interesse fürs Zeichnen und Malen. Einer durch seine Mutter ermöglichten Begegnung mit Prof. Schmitthenner aus Stuttgart entspringt der Wunsch Architekt zu werden. Nach dem Besuch der Staatsgewerbeschule in Innsbruck, beginnt Heltschl 1941 sein Studium an der Technischen Hochschule in Stuttgart bei den Professoren Bonatz und Schmitthenner, das er 1945, unterbrochen durch seinen Kriegseinsatz in Stalingrad, mit dem Diplom bei Schmitthenner abschließt.
Trotz der Polemik gegen die Weissenhofsiedlung in Stuttgart durch Bonatz und Schmitthenner, sollte Le Corbusier, der dort zwei Häuser baute, zu Heltschls prägendem Vorbild werden, auf das er sich ein Leben lang bezieht und ohne dessen Einfluss sein Werk, seinen eigenen Worten nach, nicht möglich geworden wäre.
Als wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Zotter in Graz begegnet er anlässlich einer Lehrveranstaltung der Studentin Maria, die er wenig später heiratete. Sie wird nicht nur fachliche Dialogpartnerin, sondern auch Mutter der fünf Kinder.
1947 beginnt Heltschls Lehrtätigkeit an der Gewerbeschule in Innsbruck, seine Abneigung gegen falsch verstandene Tradition und sein Enthusiasmus für Le Corbusier motivieren ihn, seinen Schülern ein modernes Verständnis von Architektur zu vermitteln. Die durch ihn als Lehrer uns vermittelte Bewusstseinsbildung kann nicht hoch genug geschätzt werden und er hat viele von uns zum Studium der Architektur motiviert. 1952 eröffnet er sein Büro und kämpft mit gleichem Engagement wie in der Lehre gegen den Bürokratismus und die gesellschaftliche Ignoranz gegenüber zeitgenössischer Architektur und Kunst in Tirol. Er zählt damit zu jenen treibenden Kräften, die nach Welzenbacher, Holzmeister und später u. a. mit Lackner und Parson den Boden für Neues aufbereiten.
Heltschls früh postulierten Gestaltungsgrundsätzen ist es zu danken, dass der Verzicht auf Monumentalität, die Berücksichtigung des menschlichen Maßstabs und die Integration der Kunst im Sinne eines Gesamtkunstwerks thematisiert werden. Der Aphorismus Albert Einsteins, „man soll alles so einfach machen wie möglich, aber nicht einfacher“, trifft im Wesentlichen auf seine Arbeit zu. Beispielhaft dafür steht das Freibad Tivoli aus dem Jahr 1958. Mit der simplen wie herausragenden Idee einer quer über das
Areal führenden Brücke, werden wichtige Funktionen mit leichter Hand gelöst, vom dadurch erzielten architektonischen Mehrwert einmal ganz abgesehen. Mit diesem Bau stellt Heltschl neben Roland Rainer, Karl Schwanzer und der Arbeitsgruppe 4, eine Verbindung zur internationalen Moderne nach dem Krieg wieder her.
Einige seiner richtungsweisenden Bauten seien genannt: Das Autohaus VOWA in Innsbruck, 1955, setzt neue Maßstäbe in der Industriearchitektur, die Kirche Bruggen in Landeck, 1959, besticht durch ihre spirituelle Aura, das Ferienhaus Schöpf am Gardasee, 1963, zählt zu den besten dieser Zeit, die Leprastation Ifakara in Tansania, 1963, beweist, dass ein geringes Budget einem intelligenten Ergebnis nicht im Wege steht, das Internat Mariannhill in Landeck, 1964, inzwischen bis zur Unkenntlichkeit saniert, kann sich mit renommierten Bauten in Japan messen und die Volksschule Unterstadt in Imst, 1965, wird beispielgebend
für nachfolgende Schulbauten.
Heltschls widerständiger Geist widmet sich beharrlich dem Kampf gegen alles, was einer gesellschaftspolitischen Weiterentwicklung im Wege steht. So engagiert er sich als Vorstandsmitglied der Architektenkammer gegen die Beamtenplanung mit der Forderung, Aufträge der öffentlichen Hand ausschließlich über Architektenwettbewerbe zu vergeben. Als Präsident der Tiroler Zentralvereinigung der Architekten Österreichs ist er kritischer Geist und Anreger, was ihm mit der Verleihung der lebenslangen Ehrenpräsidentschaft gedankt wird. Kritische Artikel zu aktuellen Themen, sein Einsatz für den Umwelt- und Naturschutz sind beispielhaft und prägen seine Biografie.
Schnell wechselnden Ismen begegnet er stets skeptisch und gegenüber den über den Globus verteilten Bauten von Stararchitekten hegt er kritische Vorbehalte, da sie die gesellschaftlichen Verhältnisse und das Lebensumfeld der Menschen meist nicht zu verbessern vermögen.
Lieber Norbert, von Deinen Schülern in liebevollem Respekt auch der „He“ genannt, Du wirst uns als unkonventioneller Lehrer und mahnender Freund für immer unvergesslich bleiben.
Auszug aus der Grabrede von Hanno Schlögl, abgedruckt in der aut: info 1/18
norbert heltschl
geb. 1919 in Imst; 1941 – 48 Architekturstudium an der TH Stuttgart und an der TU Graz; 1947 – 80 Professor an der Bundesgewerbeschule/HTL Innsbruck; Architekturbüro in Innsbruck; u. a. Präsident der
ZV Tirol sowie Vorstandsmitglied der Ingenieurkammer für Tirol und Vorarlberg; gestorben im Dezember 2017
bauten und projekte (Auswahl)
1950 Haus Heltschl, Weinberg, Imst; 1953 Hauptschule Feldkirch Levis; 1955 Autohaus VOWA, Innsbruck; Kino Imst; 1955 – 57 Atelier-Haus Stimpfl, Imst; 1957 Café Meier, Landeck; 1958 Kino Wattens; Kino Schwaz; 1958 – 61 Schwimmbad Tivoli, Innsbruck; 1958 – 63 Kirche und Widum Landeck-Bruggen; 1959 Kaufhaus Saurer, Reutte; 1960 Gemeindehaus Vils; Metallwerk Plansee; 1960 – 64 Ferienhaus Heltschl – Wiesenhaus, Imst; 1962 – 64 Autohaus Ford-Fehr, Rankweil; 1963 Lepradorf-Klinik Ifakara, Afrika; 1963 Ferienhaus Schöpf, Gardasee; 1963 – 65 Volksschule Unterstadt, Imst; 1963 – 67 Internat Mariannhill, Landeck; 1965 – 67 Kirche Zu den Hl. Engeln, Imst/Brennbichl; 1966 Autohaus Citroen Virgolini, Neurum; 1966 – 72 Hauptschule Vils; 1966 – 73 Wohnbauten Auf Arzill, Imst; 1967 Universitätssportstätten, Innsbruck (mit Peter Pontiller und Peter Swienty); 1968 Hauptschule Feldkirch Altenstadt; 1971 – 73 BTV, Imst; 1971 – 75 Terrassenhaus Hötting, Innsbruck; 1975 – 76 Höhere Technische Lehranstalt, Imst; 1975 – 78 Arzbergsiedlung (mit Josef Lackner, Horst Parson und Anton Klieber); 1976 Terrassenhaus Hungerburg; 1977 Reihenhausanlage Kranebitten; 1980 Studie „Verhinderung der Autobahn Ulm-Mailand über Fernpass und Gurgltal“; 1982 Hypo Bank, Imst; 1983 Getreidesilo, Zams; 1989 Erlebnisbad, Lech; 1994 Friedhof, Imst; 1997 Musikpavillon, Imst; 1999 Neugestaltung der Werkskapelle der Kirche Landeck-Bruggen (mit Bettina Hanel); 2002 Neugestaltung Kirche Landeck-Bruggen