[identifizieren] - idem fieri, das selbe werden, erkennen, wer jemand ist, was etwas ist. Gleichsetzen und dessen Eigenheiten übernehmen; damit übereinstimmen und es zum eigenen Bestreben, zum Leitbild machen. Identität ist eine Konstruktion; sie dient der Grenzziehung zwischen Individuen und Gruppen. Diese Grenzen sind flexibel und werden deshalb oft umkämpft. Diese Konflikte um Identitätskonstruktion und die Hegemonie der unterschiedlichen kulturellen Codes werden im Raum ausgetragen, und zwar nicht nur auf den Schlachtfeldern militärischer Konflikte, sondern auch in Raumplanung, Städtebau und Architektur. Die Konstruktion von kultureller Identität ist eine Raumproduktion - insbesondere, wenn in Zeiten globaler Migration und Mobilität sich die als eine Gemeinschaft identifizierenden Gruppen nicht nur in zusammenhängenden, historisch gewachsenen Räumen konzentrieren, sondern parallel, weltweit verstreut, Anschluss und Kontakt halten. (Raumtaktik)
bad architects group (Ursula Faix, Paul Burgstaller): Prishtina-Connection
Aufgrund der Unabhängigkeitserklärung im Februar 2008 wurde Kosovo/a ein eigener Staat und Prishtina eine Hauptstadt. In dieser Umbruchphase bilden sich neue Identitäten, Potenziale, Gesetzmäßigkeiten, jedoch auch Probleme. Während Kosovo/a nach seiner Identität sucht, pflegen die kosovo-albanischen expatriates in aller Welt die alten kosovo-albanischen Traditionen, überbrücken via Skype, Facebook und Twitter die physische Distanz zu ihren Familien und versuchen sich gleichzeitig in einer anderen Gesellschaft einzufinden.
Repatriates, die im Ausland erfolgreich waren und jahrelang ihre Familien im Kosovo/a mit Überweisungen versorgten, kehren als "volontary prisoners" teilweise wieder in ihre Heimat zurück, um nun vor Ort mitzuhelfen, das Land aufzubauen. Sie bringen dabei neue, in London, New York oder Johannesburg erlernte Gepflogenheiten mit, die wiederum die locals in ihrer Lebensweise beeinflussen.
Dieser soziale und gesellschaftliche Wandel beeinflusst indirekt die gebaute Umwelt, vor allem in Prishtina. Eine Heerschar unverputzter generischer Ziegelbauten mit Satteldach, die als rohe Landnahme zu deuten sind, prägen zusammen mit den kühnen informellen Dachausbauten das Erscheinungsbild Prishtinas entscheidend mit.
bad architects group forscht in diesem sich gegenseitig beeinflussenden Kreislauf von sich formierenden Markern nach Mutationen kosovarischer Identität. Wie lange würde es dauern, bis von einer "kosovarischen Architektur" die Rede sein könnte oder wie würde ein Architekturpavillon auf einer der Biennalen, ein sozusagen gebauter expatriate und Botschafter kosovarischer Identität wohl aussehen? Welches Image würde er vermitteln? Welche kulturellen remittances brächte er nach Prishtina und könnte er jemals als repatriate nach Kosovo/a zurückkehren?
bad architects group
ursula faix geb. 1968; Architekturstudium an der TU Wien und an der Rhode Island School of Design (USA); 1996 - 99 Mitarbeit bei M. Fuksas in Wien und Rom; seit 2004 wiss. Mitarbeiterin am Institut für Städtebau und Raumplanung, Universität Innsbruck; seit 2007 Gastprofessur für "City Planning" an der University for Business and Technology in Prishtina, Kosovo/a
paul burgstaller geb. 1976; Architekturstudium an der Universität Innsbruck; Mitarbeit u. a. bei Behnisch & Partner, West8 und OMA (Rem Koolhaas); seit 2007 Gastprofessur für "City Planning" an der University for Business and Technology in Prishtina, Kosovo/a; seit 2008 Gast-Lehrbeauftragter am Institut für Gestaltung und am Lehrstuhl für Architekturtheorie der Universität Innsbruck
2006 Gründung von bad architects group; neben klassischer Architekturproduktion thematische Arbeit an Einflüssen medialer Repräsentationen von Stadt und deren Auswirkungen auf Architektur (gem. mit bad architects network); Projekte u. a. "DE-tro-IT" (Shrinking Cities), "The POWER of the UNESCO World Heritage" (3rd Architecture Biennale Rotterdam), "Urban Debris" (Triennale Oslo); 2009 Herausgabe der Publikation "Prishtina Capital", UBT, Prishtina Kosovo/a
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