in memoriam christian bartenbach – meister des lichts! (1930 – 2025)
Ein Nachruf von Helmut Seelos
Ein Nachruf von Robert Müller auf den im August 2025 verstorbenen Pionier der Lichtplanung Christian Bartenbach, erschienen in der aut: info 3/2025. Robert Müller war 1986 – 2023 bei Bartenbach tätig, zuletzt als Creative Director. Christian Bartenbach war für ihn Mentor, Unterstützer und Lehrer. Heute leitet Müller das Innsbrucker Büro von Kardorff Ingenieure Lichtplanung GmbH
Mein Start ins Berufsleben begann 1986, als ich mich bei Bartenbach als Tischlergeselle für die Modellwerkstatt bewarb. Schon nach zwei Wochen war klar, dass mein Aufgabengebiet woanders liegen sollte, denn ich hatte zwei linke Hände. Christian Bartenbach war ein guter Menschenkenner und hatte das Talent, das schlummernde Potential eines Mitarbeiters schnell zu erkennen. Er sah seine Aufgabe darin, dies ans Licht zu bringen, zu fördern, forderte jeden einzelnen heraus – manchmal auch mit ungewöhnlichen Mitteln – und gab damit jedem die Chance sich weiterzuentwickeln. Oft waren seine Ideen so visionär, dass sich daraus Innovationen entwickelten, die für nicht möglich gehalten wurden. Sein Leitspruch – der mich seither begleitet – lautete: „Sag mir nicht, was nicht geht, sondern sag mir, wie und bis wann es geht!“ Dann übergab er uns seine Berechnungen und Lösungsansätze auf mehreren Metern Aquafixpapierrolle und erwartete, dass wir alles richtig interpretieren und das Konzept möglich machen. Die von ihm übernommene Einstellung – fordern und fördern – ließ meine Kollegen oft verzweifeln. Aber wenn man am Ende zumindest 95 % von den geforderten 120 % des Ziels vor Augen hatte, jeder glücklich und zufrieden mit der erbrachten Leistung war, kam der Meister und legte schon die nächsten Ideen auf den Tisch. Zurückblicken war nicht seins, für seine Familie und Mitarbeiter oftmals herausfordernd!
Diese Vorgangsweise setzte er auch bei seinen Kunden ein, denn nicht jeder Architekt oder Bauherr war bei der ersten Vorstellung des Projektes überzeugt, oft aus Unwissen, manchmal aber auch aus Sorge um den experimentellen Ansatz. Dann wurden alle rhetorischen Hebel, sein Tiroler Charme und die Terlaner Weinsuppe im Wilden Mann in Lans eingesetzt, und am Ende war sich der Kunde meist sicher, nie etwas anderes gewollt zu haben. Ein Ausspruch von Günther Behnisch verdeutlicht dies: „Ich weiß zwar nicht, was der Bartenbach da will, aber das machen wir jetzt so, weil es am Ende immer speziell und richtig für meine Gebäude war!“
Besonders interessant war die Zusammenarbeit mit Josef Lackner für sein Bürohaus in Aldrans im Jahre 1987. Es wurden unzählige Skizzen und Modelle angefertigt, sogar das ein oder andere Streitgespräch kam vor, aber das Endergebnis war ein mit Preisen ausgezeichnetes Projekt. In der Praxis stellte sich schnell heraus, welche Qualitäten das Bürogebäude nicht nur seinen Mitarbeitern bot, sondern jedem Bauherrn wurde schon kurz nach dem Betreten klar, dass hier eine Person das Sagen hat, die Innovationen entwickelt, mit dem Ziel dem Menschen zu nützen. Dadurch, dass man die Lichtqualität im Turm mit den zwei unterschiedlichen Tageslichtkonzepten praktisch vorführen konnte, war es für uns leicht, den Kunden zu vermitteln, um welche Vision es Bartenbach prinzipiell ging. Dieses Konzept des „Bauens mit Tageslicht“ wurde zur Basis aller Planungen und zu meiner Leidenschaft. Das Bürogebäude in Aldrans steht bis heute für sein innovatives Konzept und die hervorragende Qualität von Licht und Raum, deshalb hoffe ich, dass eine adäquate Nutzung gefunden wird und es als „Lehrobjekt“ erhalten bleibt.
Besonders in Erinnerung bleibt mir das „Jazzkonzert im Steinhaus“ von Günther Domenig, für das ich zum ersten Mal in meinen Leben eine Eventbeleuchtung gestalten durfte. In Zusammenarbeit mit Bartenbach und Domenig kamen verspiegelte Helium-Ballone zum Einsatz, die das Steinhaus wie in einer Vollmondnacht mystisch beleuchteten. Darüber hinaus, dass er mir die Planung zutraute und immer mit Rat zur Seite stand, vermittelte er mir, dass man nie das Feuer für Visionen verlieren darf. Sein Anspruch, Fragen, die noch keiner gestellt hat, wissenschaftlich mit Hilfe von Modellen im „Künstlichen Himmel“ im Keller seines Bürokomplexes zu ergründen, war immer geprägt davon, die besten wahrnehmungstechnischen und lichttechnischen Lösungen für den Menschen zu finden. Mit dem Ziel, Lösungen für eine bessere Zukunft zu erfinden, schuf er eine eigene Entwicklungs- und Wahrnehmungsabteilung, die an Grundlagen forschte. Diese gibt es bis heute und bei keinem anderen Lichtplaner auf der Welt.
Christian Bartenbach hat die Lichtplanung weltweit geprägt und weiterentwickelt. Selbst in seinen letzten Jahren waren die Diskussionen mit ihm immer befruchtend und ein Ansporn, Altes hinter sich zu lassen und Neues zu denken. Als er in Köln mit 85 Jahren eine Auszeichnung für sein Lebenswerk erhielt, beendete er seine Rede wie folgt: „Mein Leben ist zu kurz und ich bin noch nicht fertig mit den Dingen, die ich noch angehen will, deshalb brauche ich wohl ein zweites Leben.“
Christian Bartenbach war immer neugierig, auch darauf, was nach dem Tod komme würde, hatte es aber nicht eilig dies zu sehen. Mit 95 Jahren ist er von uns gegangen und wird uns immer in Erinnerung bleiben.
christian bartenbach (1930 – 2025)
geb. 1930 in Innsbruck; Studium der Elektronik und Elektrotechnik; 1960 Gründung der „Leuchtenfabrik Bartenbach Lichtsysteme“ in Innsbruck (gem. mit seinem Bruder Adolf Bartenbach); ab 1964 Konzentration auf angewandte Lichtforschung, Erfindung der Dark-Light-Technik (Spiegelrasterleuchte), der ersten blendungsfreien Beleuchtung, die ihren Durchbruch in der Energiekrise der 1970er-Jahre schafft; 1976 Gründung des Unternehmens „Lichtplanung Christian Bartenbach“ in München und später in Innsbruck; 1989 Eröffnung des neuen Stammhauses „Bartenbach LichtLabor“ in Aldrans, geplant von Josef Lackner; 2003 Gründung der Lichtakademie Bartenbach in Aldrans; 2007 Übergabe des Unternehmens an seinen Sohn Christian Bartenbach; u. a. ab 1983 Honorarprofessor an der TU München, der Universität Innsbruck und den Akademien der Bildenden Kunst in München und Kassel; Zahlreiche Auszeichnungen u. a. 1989 Tiroler Landespreis für Kunst; 1995 Verleihung des Berufstitel Professor; 2002 Ehrenzeichen des Landes Tirol; 2009 Ehrendoktorat der Universität Innsbruck; 2018 Österreichischer Staatspreis Patent für Lebenswerk sowie Auszeichnung für sein Lebenswerk im Rahmen des Deutschen Licht Design Preises; verstorben am 9. August 2025
projekte (Auswahl)
Im Rahmen seiner Pioniertätigkeit entstanden zahlreiche Erfindungen, welche in Europa und weltweit patentiert sind, wie z. B. wirksame Blendschutz-, Tageslichtlenk- und neuartige Sonnenschutzsysteme. Zu den weltweit mehr als 10.000 Einzelprojekten zählen zahlreiche Flughäfen, Bahnhöfe, Messehallen, Stadtbeleuchtungen sowie renommierte Geschäfts-, Verwaltungs- und Kulturbauten wie das Grand Egyptian Museum in Kairo oder der Mekka Clocktower.
