ex libris
ausstellungAnhand von ArchitektInnen und KünstlerInnen aus ganz Europa, die ihre wichtigsten Bücher im Original zur Verfügung stellen, wird ein Einblick in mentale „Hintergrundbibliotheken“ geboten.
weiterlesen …ein "small is beautiful"-beitrag, erschienen in aut: info, nr. 2/2014
Markus Ortner mag Bücher. Seine umfangreiche Bibliothek hat er aus diversen Quellen, hauptsächlich aber antiquarisch erworben. Immer wieder entwarf er für seine Bücher verschiedene Regallösungen, die alle selbst gebaut wurden. Zusammen mit Werner Burtscher (1) realisierte er 2012 die neue Buchhandlung Wiederin „Liber Wiederin“ (2) in der Erlerstraße in Innsbruck.
2013 kontaktierte ihn Philipp Zurmöhle (3) aus Nürnberg, den Markus in Oslo – während seiner Arbeit bei Snøhetta-Architekten – kennengelernt hatte. Er hätte die Idee, in einem kleinen Café, in dessen Nebenraum er sein Grafikatelier betreibt, einen Minibuchladen für vierzig bis fünfzig ausgesuchte Kunst-, Architektur- und Grafikbücher einzurichten.
Zuerst entstand das Konzept, eine Stahlplatte auf die schaufensternahe Ziegelmauer zu schrauben, worauf die Bücher – je nach Vorstellung des buchhandelnden Grafikers – mit Hilfe von kleinen Buchhalteblechen mit Magneten immer wieder anders zu „Buchbildern“ gestaltet werden könnten. Dann kam Valerie Messini dazu. Ob denn diese Stahlplatte nicht frei vor der Wand stehen könne? In leicht schräg gestellter Position, so dass die „schwebenden Bücher“ von innen wie von außen durch das große Schaufenster gut und als eigenständiges Element wahrgenommen werden können. Dadurch konnte die Rückseite noch hölzerne Lagerboxen für ca. 120 Bücher aufnehmen – ein perfekter Buchladen im Café.
Abgekantete Bleche in zwei verschiedenen Größen (20 x 20 cm und 10 x 10 cm) sind auf je zwei trapezförmige Birkenholzleisten montiert, die die Neigung der Bücher schaffen. In diese sind auf der Rückseite starke Magnete eingelassen, die eine freie Positionierung auf der 2 x 3 m großen, getönt weiß gestrichenen Stahlplatte ermöglichen. Damit die Magnete nicht zu stark sein müssen – die Buchhalterungen könnten dann nur mit viel Kraft entfernt werden –, und damit die Präsentationselemente nicht verrutschen, sind an den, die Stahlplatte berührenden Holzleisten, dünne Gummistreifen aufgeklebt. Da nicht alle Bücher so gebunden werden, dass der Buchdeckel auch geschlossen bleibt, wenn das Buch einmal geöffnet wurde, ist das abgekantete Blech mit dünnem Filz belegt, wodurch eine etwas rauhe Aufstellfläche für das Buch entsteht, die dieses geschlossen zu halten vermag. Stahlplatte und Lagerboxen werden durch zwei Flachstahlsteher in dem 3,90 m hohen Raum gehalten. Oben und unten entsteht kein „Fuß“ sondern der Flachstahl ist 30 cm ums Eck gekantet – und bildet so eine klar lesbare, aus dem Steher entwickelte Befestigungsmöglichkeit.
Irgendwann erwähnte Markus Ortner gegenüber Arno Ritter, wie wichtig ihm die 2002, noch im Architekturforum Tirol, gezeigte Ausstellung „ex libris“ (4) war. Er meinte damit zwar nicht deren Gestaltung, und doch sind die damals in Plastiksackerln an die Wand genagelten Bücher ent-fernte Verwandte dieser in jeder Hinsicht auf den Punkt gebrachten Lösung – wodurch eigentlich ein „franchisefähiger“ Typus entstanden ist.
(1) Architekt in Innsbruck
(3) Grafiker und Buchhändler in Nürnberg, www.philippzm.com
(4) Für die 2002 im Architekturforum Tirol gezeigte Ausstellung „ex libris“ wurden über 100 ArchitektInnen, KünstlerInnen, GrafikerInnen und TheoretikerInnen eingeladen, je drei Bücher aus der privaten Bibliothek zu schicken, die für die eigene Biografie von zentraler Bedeutung waren. Die Originale wurden in Plastiksackerln geschützt an den Wänden mit den schriftlichen Begründungen präsentiert. Alle Bücher wurden entweder neu oder antiquarisch gekauft oder kopiert, damit man diese auch in Ruhe lesen konnte // Die Liste der Bücher steht auf www.aut.cc als pdf-file zur Verfügung - s. ganz unten
markus ortner
geb. 1979 in Lienz; 1998 – 2007 Architekturstudium in Inns-bruck; 2008 – 11 Mitarbeiter bei Snøhetta in Oslo; seit 2011 freier Architekturschaffender in Innsbruck und Wien; Lehrtätigkeit an der Architekturfakultät in Innsbruck
valerie messini
geb. 1986 in Bozen; 2005 – 11 Architekturstudium an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, Meisterklasse Wolf D. Prix; 2011 Ausstellungsarchitektur für den österreichischen Pavillon in Venedig zusammen mit Eva Schlegel und Markus Schienwald; 2013 Aufenthalt in Indien im Rahmen des Tische Stipendiums bei flying elephant studio; seit 2011 freie Architekturschaffende in Innsbruck und Wien; seit 2011 Assistentin am ./studio3 Institut für experimentelle Architektur in Innsbruck
VON & ZU BUCH
Bauerngasse 18
90443 Nürnberg
www.vonundzubuch.com
Text: Rainer Köberl, aus aut: info 2/14
Anhand von ArchitektInnen und KünstlerInnen aus ganz Europa, die ihre wichtigsten Bücher im Original zur Verfügung stellen, wird ein Einblick in mentale „Hintergrundbibliotheken“ geboten.
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