peter mayrhofer: replik
Replik von Peter Mayrhofer zu dem in der vergangenen Ausgabe der aut: info erschienenen Kommentar von Johannes Wiesflecker. erschienen in der aut: info, Nr. 2/2006
weiterlesen …ein aut: feuilleton, erschienen in aut: info, nr. 1/2006
Es ist schön, in Tirol als Architekt zu arbeiten.
Der harte Kampf der Bewusstseinsbildung – seit Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts (klingt gut) – hat sich gelohnt und man kann heute relativ unbehindert zeitgenössische Architektur planen und sogar bauen. Als Ergebnis der jahrelangen Diskussions- und Vermittlungsarbeit im Land, zeigen sich Gesellschaft, Politik und Behördenvertreter aufgeschlossen und ermöglichen bzw. genehmigen die Umsetzung unserer architektonischen Statements bis in den letzten Winkel unseres Landes. Die Politik nennt immer wieder zu Recht die Architektur – neben anderen Gebieten – als wichtige und herausragende Leistung unserer Region. Wir sind zufrieden im Architekturland Tirol! Trotzdem ein ungutes Gefühl?
Würden Projekte wie die Kirche im Olympischen Dorf und die Ursulinenschule von Josef Lackner oder das Festspielhaus in Erl von Robert Schuler – der übrigens immer noch keine Ausstellungs- oder Buchwürdigung erfahren hat – als ehemalige Architekturpositionen in all ihrer konzeptionellen Schärfe ins Jahr 2005 übersetzt, einen aktuellen Wettbewerb gewinnen?
Diese Frage löst bei mir eine gewisse Irritation aus. Ich vermute, wir hätten bei aller positiven architektonischen Breitenentwicklung nicht die entsprechende Juryzusammensetzung und man würde sich in der Diskussion mit den Bauherrenvertretern und der Raum- bzw. Stadtplanung für ein „recht“ gutes anderes Projekt entscheiden. Meiner Meinung nach fehlt dem Architekturland Tirol momentan der Mut, herausragende und unkonventionelle Lösungen zu wählen.
Die Position von Josef Lackner eignet sich für die weitere Argumentation recht gut. Hat jemand von uns in der „weiterentwickelten Architekturlandschaft Tirol“ einen Beitrag in der Schärfe von Lackners Projekt „Wohnbau in der Martinswand“ eingebracht? Wir begnügen uns mit deutlich weniger und geben uns im Wohnbau mit Fassadenkosmetik für einen alten Inhalt und einen überkommenen Städtebau zufrieden.
Wir sollten einen nächsten Schritt machen, sonst ersticken wir in Zufriedenheit. Gibt es diesen Sauerstoffmangel nicht bereits bei unseren sehr geschätzten Vorarlberger Kollegen?
Wir müssen uns in der Architektenschaft zu einem schärferen Konzeptdenken bekennen und die vorhandenen Potenziale bis an die Grenzen ausloten und abrufen. Diese Haltung sollten wir umgehend in das Wettbewerbswesen und insbesondere in die Jurybesetzungen und Wettbewerbsvorbereitungen einbringen. In den Gesprächen mit den Politikern und den entscheidenden Beamten in Stadt und Land müssen diese Gedanken deponiert und muss letztendlich dieser Anspruch umgesetzt werden.
Das Bekenntnis zum Architekturland Tirol könnte durchaus innovativere Inhalte erzeugen als bisher. Etwas Frischluft zum Weiterleben – oder sind wir wirklich schon zufrieden?!
Es könnte spannender sein, in Tirol als Architekt zu arbeiten!
aut: feuilleton
Mit diesem ersten persönlichen Kommentar von Johannes Wiesflecker zur derzeitigen Architektursituation in Tirol beginnt eine – hoffentlich – regelmäßige Reihe an kritischen Statements und gedanklichen Interventionen, die einen öffentlichen Diskurs über architektur und tirol initiieren soll.
Falls auch Sie sich an dieser Reihe kritischer Statements und gedanklicher Interventionen beteiligen möchten, senden Sie uns bitte Ihren Kommentar per E-Mail an office@aut.cc
Replik von Peter Mayrhofer zu dem in der vergangenen Ausgabe der aut: info erschienenen Kommentar von Johannes Wiesflecker. erschienen in der aut: info, Nr. 2/2006
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