Am Montag, 28. 9. 2009, befasst sich der von der Stadt Innsbruck eingesetzte und von
aut mitinitiierte Fachbeirat zum ersten Mal mit dem von der Pema geplanten Bauvorhaben auf dem Grundstück des ehemaligen Postareals beim Hauptbahnhof.
Der fünfköpfige Beirat soll für eine Beurteilung der städteplanerischen Qualität unter kritischer Reflexion der Hochhausstudie aus dem Jahr 2002 sorgen und eine Entscheidungsfindung für die notwendigen Beschlussfassungen in den städtischen Gremien fachlich unterstützen.
Fachbeiratsmitglieder:
Hemma Fasch
Max Rieder (Co-Autor der Hochhausstudie)
Roger Riewe
Thomas Schnitzer
Georg Spiegelfeld
Die im Auftrag der Stadt Innsbruck in interdisziplinär zusammengesetzten Workshops erarbeitete „Hochhausstudie Innsbruck“ kann bei aut bestellt bzw. weiter unten als pdf-file eingesehen werden.
schreiben von aut. architektur und tirol an die stadtplanung innsbruck (vom 9. 6. 2009)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Das Projekt der PEMA in der Bruneckerstraße wurde den Mitgliedern der Architektengesprächsrunde im Winter 2008 erstmals von Architekt Hans Obermoser in Anwesenheit von Planungsstadtrat Christoph Platzgummer und Vertretern der Stadtplanung vorgestellt und seither in dieser Runde und in der Architektenschaft immer wieder diskutiert. Die erste Stellungnahme von Kammer, aut und ZV darf – da bereits im Dezember 2008 an alle Bauausschuss- und Stadtsenatsmitglieder zugesandt – als bekannt vorausgesetzt werden.
Trotz der deutlichen Bedenken der Architektenschaft und der kritischen Stellungnahme der Stadtplanung zu diesem Projekt, wurde im Bauausschuss ein positiver Beschluss gefasst, der unserer Meinung nach die volle Tragweite der Entscheidung nicht berücksichtigt. Denn jenseits der vorhandenen Qualitäten des Entwurfs von Hans Obermoser muss darauf hingewiesen werden, dass diese „anlassbezogene“ Entscheidung die Kriterien der im Auftrag der Stadt Innsbruck 2002 erstellten Hochhausstudie konterkariert und der Bauausschuss mit seiner Zustimmung eine durch Fachleute über mehr als ein Jahr erarbeitete Entscheidungsgrundlage für die weitere Stadtentwicklung von Innsbruck außer Kraft setzt bzw. zunichte macht. Wir finden, dass das politische Aufschnüren der Hochhausstudie eine offene und kriterienlose Zukunft der weiteren Stadtentwicklung in Innsbruck nach ziehen wird, da man bisher die Studie als Grundlage für eine Entscheidung nehmen konnte. Wenn man aber jetzt eine politisch motivierte Ausnahme macht, wird man in zukünftigen Fällen wieder nur „anlassbezogen“ entscheiden können. Ob das eine positive Perspektive für Innsbruck ist, wagen wir zu bezweifeln. Denn wir finden weiterhin, dass das Hochhaus als öffentlicher Raum – wie es die Studie empfiehlt – ein Alleinstellungsmerkmal für Innsbruck sein könnte. Denn die Studie empfiehlt deutlich, dass in der Mitte des Talgrundes von Innsbruck keine weiteren klassischen Hochhäuser gebaut werden sollen, da diese nicht zur positiven Entwicklung des Stadtbildes beitragen und ihre eigentliche Wirkung – aufgrund der spezifischen Lage Innsbruck’s zwischen den Bergen – nicht „ausleben“ können. Klassische Hochhäuser sind, laut Studie, nur als Ergänzungen von bestehenden Hochhausgruppen denkbar und darüber hinaus am südlichen Talrand – in der Nähe der Autobahn – von Innsbruck. Ausnahmeregelungen müssen inhaltlich begründet und durch öffentliche Nutzungen legitimiert sein, wobei in diesen Fällen keine „nadelförmigen“, sondern komplexe Typologien (so genannte "Urbanissima") errichtet werden sollen, die ihre besondere Bedeutung für das Stadtleben und die Öffentlichkeit auch in ihrer Erscheinung zum Ausdruck bringen. Beide Kriterien erfüllt, unserer Meinung nach, der vorliegende Entwurf wie auch das dahinter liegende inhaltliche Nutzungskonzept des Gebäudes nicht.
Im Prinzip sehen wir es positiv, dass die Bruneckerstraße aufgewertet werden soll. Die Verbreiterung des Straßenraumes mit einer geplanten Allee lässt beim zweiten Projekt von Hans Obermoser eine angenehme Atmosphäre der Bruneckerstraße erwarten und wertet die jetzige „triste“ Situation auf. Im Hinblick auf die Diskussionen der letzten Monate wurde im zweiten Projekt von Hans Obermoser mit maßstabgerechten und unspektakulären Mitteln eine mögliche Alternativantwort zum Hochhaus entwickelt.
In diesem Sinne empfehlen wir entweder das Thema Hochhaus auf einer fachlichen Ebene – mit einem Gestaltungsbeirat auf Basis der Aussagen der von der Stadt Innsbruck in Auftrag gegebenen Hochhaushausstudie – zu entscheiden oder das zweite Projekt von Hans Obermoser als Grundlage für die weitere Diskussion zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Arno Ritter
i.V. des Vorstandes
Weitere Informationen:
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hochhausstudie innsbruck
Publikation
Die Hochhausstudie Innsbruck wurde in interdisziplinär zusammengesetzten Workshops zwischen November 2001 und Juni 2002 im Auftrag der Stadt Innsbruck erarbeitet. Preis: Euro 15,00 (für aut: Mitglieder gratis)
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die politischen interventionen und die ergebnisse
Seit der Gründung mischt sich das aut konstruktiv in aktuelle politische Diskussionen in Innsbruck und im Land Tirol ein, häufig in Abstimmung mit der Kammer der ZiviltechnikerInnen und der ZV Tirol.
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