kellerbar #01: lsf 50 – entspannung pauschal im arabischen sommer
eröffnungEröffnung der aut: beachbar von Anna Lerchbaumer, Pia Prantl und Andreas Zißler.
weiterlesen …eine raumintervention von anna lerchbaumer, pia prantl und andreas zißler
kellerbarDer Urlaub ist eine Fluchtbewegung aus der Wirklichkeit, stark ritualisiert – Fotografieren, Sonnenbaden – und geprägt von Rollen- und Rhythmuswechseln. Die Architektur übernimmt dabei wesentliche Aufgaben. Sie muss die Choreografie der Rituale ermöglichen, Orte der (Selbst-)Inszenierung und des Rückzugs schaffen, und über Schwellen und Sicherheitsschleusen den Übergang von Alltag und Urlaub, von Außenwelt und Hotelanlage formulieren. Eine „Fabrik“ der Sehnsuchtsproduktion und Wunscherfüllung: eine Wunderwelt. Diese Räume sind nicht standortbezogen, sondern nach westlichen Standards geprägt, ohne tiefergehenden Bezug zur Umgebung, ohne Geschichte. Diese Nicht-Orte werden untersucht.
Der Tourismus funktioniert als eine ästhetisierte Welt mit starken Symbolwerten, wie z. B. gewissen Sehenswürdigkeiten. Diese Bilderwelt wurde als wesentlicher Teil der hypermobilen Globalisierung zu einem effektiven Anschlagsziel des Terrorismus. Die vom Tourismus abhängigen Länder werden durch Anschläge an ihren verwundbaren Stellen getroffen, die Fragilität der heilen Urlaubswelt wird offengelegt.
Wir bereisen drei Orte mit vergleichbaren Hotelketten, zahlreichen unterschiedlichen Problemen und deren Folgewirkungen: Terrorismus, instabile politische Lage und das Ausbleiben der Hotelgäste. Diese aktuelle Situation wird zu unserem Versuchsfeld, und wir begeben uns auf Pauschalreise nach Ägypten, Tunesien und in die Türkei – Sonnenbad mit Lichtschutzfaktor 50. Einige Tage ohne Anstrengung, vielleicht auch mit Langeweile, eine Fluchtbewegung aus der Wirklichkeit, ein Vergleich von Ist und Soll der Urlaubsrealität.
Der All-Inclusive-Urlaub zum Schärfen der Sinne für Differenzen und zur Überprüfung der Vorstellung des grenzenlosen Angebotes: Wie viel politische Vergangenheit und Gegenwart sickert durch die Mauern der Resorts? Wir schlüpfen in die Rolle von TouristInnen und beginnen diesen ent- und begrenzten Raum zu vermessen; ein Raum, der zu bestimmten Handlungsmustern motiviert und eine veränderte Wahrnehmung provoziert.
dream world aqua, türkei
Spätestens seit den vermehrten Terroranschlägen dieses Jahres kann sich die Türkei in die Reihe der krisenanfälligen Tourismusgebiete einordnen. Das österreichische Außenministerium weist derzeit darauf hin, dass landesweit mit gewaltsamen Auseinandersetzungen und Anschlägen zu rechnen sei.
Das von uns bereiste „Dream World Aqua“ ist ein Hotel in Antalya, das mit seiner Landschaft aus Pools und Wasserrutschen vor allem für deutschsprachige TouristInnen konzipiert ist. Auch außerhalb des Wassers werden in dieser 5-Sterne All-Inclusive-Anlage keine Wünsche offen gelassen. Eine Spaß- und Wohlfühlmaschine für die ganze Familie.
happy life village, ägypten
Ägypten fehlte bis vor kurzem in keinem Reisekatalog. Nach dem Absturz eines russischen Ferienfliegers über dem Nordsinai und weiteren Anschlägen bleiben die europäischen TouristInnen aus. Seit der Jännerrevolution von 2011 besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und die Gefahr von Entführungen.
Das Happy Life Village in der Nähe des Flughafens Sharm-el-Sheikh punktet mit natürlichen Riffen vor dem Hotelstrand und ist ein Hotel der mittleren Klasse in abgeschiedener Lage. Vorwiegend arabische Gäste mit Ambitionen zum Schnorcheln und Tauchen verbringen hier ihre Urlaubstage.
el mouradi palm marina, tunesien
Für das 11 Millionen Einwohnerland, das keine Öl- und Gasvorkommen besitzt, ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle. Auch Tunesien ist seit 2011 von Krisen betroffen, wodurch die Beliebtheit der Destination zurückging. Die Mehrheit der Gäste in den Hotelanlagen sind im Moment Algerier.
Der Strand vor dem von uns gebuchten Hotel El Mouradi Palm Marina war erst jüngst Schauplatz eines Terroranschlags mit 38 Toten. In Internetbewertungen und Hotelbeschreibungen findet man allerdings keine Hinweise auf diesen Vorfall. Wie es scheint, zeichnet sich eine All-Inclusive-Anlage als „Nicht-Ort“ durch das Fehlen oder Verdrängen von Geschichte aus. Wie wird erinnert, gemahnt und getrauert an einem Ort ohne Erinnerung?
aut: beachbar und diaabende
Fotostrecken, Postkarten, Audio- und Videomaterial, Souvenirs, aufgeladen mit den schönsten Urlaubserinnerungen sowie zahlreiche Geschichten werden als Zeugnisse vor Ort gesammelt und mitgebracht, aufbereitet und in der kalten Jahreszeit präsentiert.
Bei drei performativen Diaabenden werden den Zuhausegebliebenen außergewöhnliche, unterhaltsame, aber auch erschreckende Geschichten vermittelt. Der Begriff „Dia” ist dabei nicht wörtlich zu nehmen, vielmehr ist es ein multimediales Event in „heimeliger“ Atmosphäre. Unterm Cocktailschirm der wohltemperierten aut: beachbar schlürfen wir Caipirinha und Malibu Kirsch und lassen die Reisen Revue passieren. Ein bekanntes Ritual der Urlaubsveröffentlichung mit kulinarischen, performativen und musikalischen Schwerpunkten, ganz im Sinne Walter Benjamins: Der Gebrauchswert einer Reise ist ihr Ausstellungswert!
Nähere Informationen s. auch http://www.lsf50.com
anna lerchbaumer
geb. 1989 in Innsbruck; 2010 – 15 Architekturstudium in Innsbruck; seit 2015 Art and Science an der Hochschule für angewandte Kunst, Wien; seit 2016 Videokunst an der Akademie der bildenden Künste, Wien
pia prantl
geb. 1989 in Schwaz; seit 2008 Architekturstudium in Innsbruck
andreas zißler
geb. 1989 in Bad Aibling; 2011 – 16 Architekturstudium in Innsbruck; seit 2016 Masterstudium an der Akademie der bildenden Künste, Wien
kellerbar #01
Für das neue Format „Kellerbar“ wird in Zukunft unregelmäßig der kleinste Raum des aut genutzt. Ergänzend zu den langfristig geplanten Ausstellungen möchte das aut mit diesem Konzept jungen, architekturaffinen und gesellschaftspolitisch interessierten Personen die Möglichkeit einer Raumbespielung bieten. Wesentlich ist, dass dies in Form einer Rauminstallation geschieht und durch die Programmierung ein Ort der Kommunikation und des Austauschs entsteht – eben eine Bar.
Eine Raumintervention mit freundlicher Unterstützung von Stadt Innsbruck sowie Sto GesmbH
Eröffnung der aut: beachbar von Anna Lerchbaumer, Pia Prantl und Andreas Zißler.
weiterlesen …Begrüßungsveranstaltung in der aut: beachbar mit Umtrunk, Gästeinformation und wertvollen Insidertipps, von und mit Anna Lerchbaumer, Pia Prantl und Andreas Zißler
weiterlesen …Ein Abend der puren Entspannung in der aut: beachbar, der in die Tiefen des Wassers führt – von und mit Anna Lerchbaumer, Pia Prantl und Andreas Zißler.
weiterlesen …In der "aut: beachbar" werden die umfangreichen Reiseerinnerungen aufgewärmt, arrangiert und angerichtet – von und mit Anna Lerchbaumer, Pia Prantl und Andreas Zißler.
weiterlesen …Die Ausgabe 4/16 der Programmzeitschrift aut: info mit Hintergrundinformationen zur Ausstellung "Lars Müller: Bücher bauen" und zur Raumintervention "Kellerbar #01: LSF 50" sowie zum Programm des aut zwischen November 2016 und Feber 2017.
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