Was ist es nun geworden, worin sich die Kunst- und Architekturschule für Kinder und Jugendliche sesshaft macht? Die Stadt Innsbruck hat dem Projekt bilding eine Fläche am südlichen Rand des zentrumsnahen Rapoldiparks zur temporären Bebauung zur Verfügung gestellt, vorerst für fünf bis sieben Jahre. Der Platz hat die richtige Ambivalenz aus Öffentlichkeit und Privatheit, ist Teil des Parks aber doch abseits genug um nicht permanent unter Beobachtung zu stehen. Der Weg zum heute realisierten Entwurf war kein geradliniger. Von einem recycelten Glashaus über die wandelbare Holzbox bis zu einem kollektiven Entwurfsprozess wurde vieles angedacht und verworfen, bis zuletzt eine Kooperation mit der Architekturfakultät und dem dortigen ./studio3 das Projekt als 1:1 Bachelorarbeit einer Gruppe von insgesamt 27 Studierender realisierbar machte. Diese errichteten gemeinsam mit professionellen Handwerkern in drei Monaten dieses besondere Werkstattgebäude, das fast ausschließlich über Firmen- und Privatsponsorings, durch eine Bausteinaktion und ehrenamtliche Arbeit finanziert wurde.
Drei Arbeitsbereiche für Malerei/Grafik, Bildhauerei/Architektur und Film/neue Medien bilden gemeinsam mit dem Foyer im Zentrum ein Raumkontinuum, nach Norden zum Grünraum großzügig geöffnet, nach Süden zum Hallenbad schützend geschlossen. Die Positionierung auf dem Grundstück und die Gabelung in der Gebäudeform schaffen Außenräume mit unterschiedlichem Charakter: wohnlich die Terrassen Richtung Park, roh und unempfindlich die Asphaltfläche im Osten, intim der lauschige Hof zur Sill hin. Materialisiert wurde das Gebäude komplett aus roh belassenem Brettsperrholz (BBS) in Fichte, eingesetzt als schlanke, ungedämmte 10 cm-Wandkonstruktion, mit doppellagigen Deckenplatten und in reduzierten Dimensionen für alle Einbauten und Möbel. Geheizt wird mit einer simplen Luftventilationsheizung wie in Werkstätten üblich, Warmwasser und Strom holt man sich idealerweise vom benachbarten Hallenbad. Als Fassade wurde eine weiße EPDM-Membrane rundum von der Decke zum Boden gespannt und verschweißt. Provisorisch und roh, warm und wohnlich zugleich fühlt es sich hier an. Es ist ein Raum der unterschiedliche Haltungen zulässt und Potenziale anbietet, in jedem Sinn des Wortes und der Lust macht selbst Hand anzulegen, zu verändern und mitzugestalten.
Viele Material- und Formentscheidungen dieses Bauwerks sind den verfügbaren Produkten der unterstützenden Firmen geschuldet, die Konstruktion musste einfach genug sein, um von den Studierenden ausgeführt zu werden, simple Schraub- und Steckverbindungen sollen theoretisch wieder lösbar sein – und das Schöne ist: all diese Einschränkungen haben das Projekt besser gemacht. Es demonstriert, wie wenig es trotz allem beim Bauen braucht, wie viel man weglassen kann, wie überzogen unsere Ansprüche, Normen und Standards heute oft sind und wie spannend die Architektur gerade dadurch werden kann, dass man sich auf das Wesentliche konzentriert. Ein Unort am Rand eines als "sozial schwierig" geltenden Parks ist zu einem unverwechselbaren und charismatischen Ort geworden, der zweifelsohne die Phanstasie seiner jungen BenutzerInnen beflügeln wird und der sich den Spannungen der Umgebung bewußt aussetzt.
Bilding und sein Haus im Park machen eines eindrucksvoll sichtbar: welche Kraft ein motiviertes Kollektiv hat, das Position bezieht und sich für eine Idee stark macht. Eine große Zahl an Handwerkern, Fachplanern, Firmen, Architektinnen, Beratern, Mentorinnen, Studierenden, Künstlern und privaten Unterstützerinnen waren bereit, sich weit über die eigene Komfortzone hinaus zu engagieren und die gesellschaftspolitische Verantwortung für die Bedürfnisse von Kindern wahrzunehmen. Die Zivilgesellschaft hat sich zur Bauherrin gemacht, hat diesen Ort eingefordert und aus eigenen Kräften realisiert. Was für ein Statement!
(Text: Nicola Weber)