johann georg gsteu: system und offenheit
vortrag im rahmen der ausstellung "konstantmodern"
vortragAchtung! – Vortrag aufgrund akuter Erkrankung abgesagt.
„Ich finde, dass eine neutrale Architektur mehr leistet als ein Maßanzug. Der Maßanzug passt dem Buckligen, aber kein anderer kann ihn anziehen.“ (Johann Georg Gsteu)
Johann Georg Gsteu zählt zu der die österreichische Nachkriegsarchitektur prägenden Generation rund um Friedrich Achleitner, Wilhelm Holzbauer, Friedrich Kurrent, Gustav Peichl und Johannes Spalt, mit denen er zum Teil bereits die HTL Salzburg absolvierte und die Meisterklasse Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste in Wien besuchte. Charakteristisch für sein Œuvre ist ein konstruktiv-konzeptioneller Ansatz, wobei er immer danach strebt, technologisch innovative Konstruktionen nicht als Selbstzweck einzusetzen, sondern ein proportionales Verhältnis zwischen Funktion, Form und Inhalt zu schaffen.
Gsteus erste, große eigene Arbeit gilt in Bezug auf die Präzision des Entwurfs zugleich als eines seiner Hauptwerke: das Seelsorgezentrum Oberbaumgarten in Wien. Ausgehend von einem streng symmetrischen, modularen Grundkonzept gruppiert er die Nebenbauten – Pfarrhof, Sakristei, Pfarrsaal und Glockenträger – um eine zentrale, quadratische Kirche, die sich aus vier statisch völlig unabhängig nebeneinander stehenden, nur durch ein „Lichtband“ verbundenen Gebäudeteilen zusammensetzt. Mittels innovativer Technologien und einer gewagten Konstruktion entstand ein archaisches Bauwerk, das dem Kirchenbesucher das Besondere des Ortes vermittelt.
Der Versuch, an die Grenzen des technisch Möglichen zu gehen und dabei neuartige materielle, technologische und konstruktive Lösungen zu finden, kennzeichnet Gsteus architektonisches Schaffen bis in die Gegenwart. Indem er Architektur als Denk- und Erfindungsprozess betrachtet, entwickelt er ausgehend von Aufgabenstellung und Rahmenbedingungen prototypische Gebäude wie jüngst die Müllsammelstelle am Meidlinger Markt mit ihrem hydraulisch öffenbaren Dach.
johann georg gsteu
geb. 1927 in Hall i. T.; 1941 – 44 Bildhauerfachschule Hallstatt; 1946 – 49 HTL Salzburg; 1950 – 53 Akademie der bildenden Künste Wien, Meisterschule für Architektur bei Clemens Holzmeister; 1953 – 55 Akademie der bildenden Künste Wien, Meisterschule für Bühnenbildnerei bei Emil Pirchan; seit 1953 freischaffender Architekt in Wien (bis 1958 gem. mit Friedrich Achleitner); Internationale Sommerakademie Salzburg bei Hans Hofmann (1953) und Konrad Wachsmann (1956/57); 1983 – 93 Professor für Architektur und Design, Gesamthochschule Kassel; 2000 – 05 Gastprofessor für Entwurf, Universität Innsbruck; zahlreiche Auszeichnungen u. a. 1968 Österreichischer Staatspreis für Architektur
bauten (Auswahl)
1956 – 58 Neugestaltung Rosenkranzkirche Hetzendorf, Wien (gem. mit Friedrich Achleitner); 1958 – 61 Seelsorgezentrum und 1968 – 70 Kirche, Steyr-Ennsleiten (gem. mit Wilhelm Holzbauer, Friedrich Kurrent, Johannes Spalt); 1960 – 65 Seelsorgezentrum Oberbaumgarten, Wien; 1962 – 68 Bildhauerunterkunft, St. Margarethen; 1965 – 74 Seelsorgezentrum Hohenems; 1968 – 71 Pfarrsaal und Kindergarten Hetzendorf, Wien; 1970 – 74 Zentralsparkasse Sparkassaplatz, Strebersdorf und Stadlau, Wien; 1973 – 77 Wohnhausanlage Dr.-Josef-Bohmann-Hof, Wien; 1981 – 86 Renovierung Secession, Wien (bis 1983 gem. mit Adolf Krischanitz, danach Konsulent); 1983 – 94 Umbau Gardemusik, Maria-Theresien-Kaserne, Wien; 1987 – 89 Radwegunterführung und Brückenkopf Staatsbrücke Salzburg; 1989 – 91 Trakl-Steg, Salzburg; 1990 – 95 architektonische Gestaltung von Stationsgebäuden und Betriebsobjekten der U6, Wien; 1993 – 95 Kindertagesheim Brünnerstraße, Wien; 1996 – 98 Umbau Bank Austria Rotenturmstraße, Wien; 2002 – 05 architektonische Gestaltung Lothringerstraße/ Heumarkt, Wien; 2004 – 06 Müllzentrum Meidlinger Markt, Wien