susanne wehde: die mittelachse als gesinnungsfrage

der max bill – jan tschichold streit und das ende der klassischen moderne

[typo]graphic

22 May

1946 entspann sich zwischen Jan Tschichold und Max Bill ein Disput um anachsiale und mittelachsiale typografische Textkomposition, in dem die Präferenz für eines der beiden Satzschema zum Zeichen politischer Gesinnung stilisiert wurde. Dieser Streit erklärt sich nur vor dem Hintergrund der Ideologisierung typografischer Gestaltungsfragen in den 1930er Jahren. Er zeigt aber nicht nur, wie gestalterische und weltanschauliche Aspekte in der Diskussion zusammengeführt werden, sondern entzündet sich auch an gegensätzlichen Vorstellungen über die Möglichkeiten zur unablässigen Weiterentwicklung typografischer Formensprache. Während Max Bill ungebrochen das Fortschrittspostulat der antitraditionalistischen Moderne vertritt, erweist sich Jan Tschichold als erster Theoretiker der typografischen Postmoderne.

Diesen unterschiedlichen Aspekten des "Max Bill – Jan Tschichold Streits" wird sich Susanne Wehde in ihrem Vortrag im aut widmen.

susanne wehde
geb. 1965
Studium der Neueren Deutschen Literatur, Soziologie und Theaterwissenschaft an der LMU, München
Promotion mit einer zeichentheoretischen und kulturgeschichtlichen Studie zur Typographie und ihrer Entwicklung, erschienen 2000 bei Niemeyer unter dem Titel "Typographische Kultur"
arbeitet heute in der Marktforschung und beschäftigt sich im "zweiten Leben" weiterhin mit Typographie.

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Seit der Übersiedelung ins Adambräu 2005 widmete sich das aut im Rahmen der Vortragsreihe [typo]graphic regelmäßig dem Thema der zeitgenössischen Grafik und Typographie.