Boden für Alle: Eigennutz oder Gemeinwohl?
eröffnungEine Ausstellung des Az W Architekturzentrum Wien über den sorglosen und kapitalgetriebenen Umgang mit der kostbaren Ressource Boden.
weiterlesen …Eine Ausstellung des Az W Architekturzentrum Wien
ausstellung„Wie Wasser, Luft und Sonnenlicht ist Boden eine Lebensgrundlage und sollte wie diese als Gemeingut gesehen werden. Behalten wir diese Einsicht bei allen Entscheidungen im Blick, so werden sich Lösungen für viele der drängenden Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung von Grund und Boden klarer abzeichnen.“ (Karoline Mayer, Katharina Ritter)
Wir alle wünschen uns gutes Essen, schöne Dörfer, naturbelassene Umwelt, eine florierende Wirtschaft und belebte Städte. Wir wollen günstig und großzügig wohnen, mobil und unabhängig sein. Die meisten dieser Begehrlichkeiten sind nachvollziehbar und doch bergen diese Wünsche ungeheure Interessenskonflikte. Denn die Welt mag flach und unendlich erscheinen, aber sie ist und bleibt rund – mit einer begrenzten Oberfläche. Der Boden, den wir für unser Überleben brauchen, ist eine Ressource, die nicht vermehrbar ist.
Es ist erstaunlich, wie oft diese Tatsache wiederholt werden kann und trotzdem noch „Aha“-Erlebnisse hervorruft. Die Zersiedelung des Landes wird schon seit Jahrzehnten angeprangert. Mittlerweile könnten alle Österreicher*innen in bereits bestehenden Einfamilienhäusern untergebracht werden, und trotzdem wird weiter Bauland gewidmet, werden neue Einkaufszentren auf der grünen Wiese und Chaletdörfer in den Alpen errichtet. Die fortschreitende Versiegelung trägt zur Klimakrise bei und gefährdet die Ernährungssicherheit. Die Hortung von und Spekulation mit Grundstücken verteuert das Wohnen und führt zu einer schleichenden Privatisierung des öffentlichen Raums. Vielerorts entstehen Wohnungen, deren Funktion nicht die eines „Heimes“ ist, sondern einer Kapitalanlage, die auch ungenutzt ihren Wert steigert. Dieser sorglose oder rein kapitalgetriebene Umgang mit der Ressource Boden hat in den vergangenen Jahrzehnten Gestalt und Funktion unserer Städte und Dörfer massiv verändert.
Die Ausstellung „Boden für Alle“ des Architekturzentrum Wien macht die vielen Kräfte sichtbar, die an unserem Boden zerren. Sie zeigt auf, dass wir ein System geschaffen haben, das Flächenverbrauch zwingend voraussetzt, von dem wir scheinbar alle profitieren, dessen langfristige Folgen wir jedoch übersehen. Schwache oder nicht angewandte Instrumente der Raumplanung, ein teils fehlgeleitetes Steuergesetz- und Förderungswesen sowie eine mutlose Politik schreiben den Status Quo fort, anstatt eine Vision für die Zukunft zu entwickeln. Dabei stellt sich angesichts der drohenden Klimakatastrophe und der steigenden Wohnungspreise mehr denn je die Frage, ob der bisherige Weg mit maximalen Kompromissen und minimalen Anpassungen noch tragbar ist.
Anschaulich und konkret, kritisch und manchmal auch unfreiwillig absurd erläutert die Ausstellung die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe. Wie wird Grünland zu Bauland? Wieso steigt der Preis für Grund und Boden? Was hat das alles mit unseren Lebensträumen zu tun? Fallstudien und Begriffserklärungen bringen Licht in das Dickicht der Zuständigkeiten. Ländervergleiche veranschaulichen Stärken und Schwächen, internationale Best-Practice-Beispiele zeigen Alternativen. Eine Sammlung an bereits bestehenden und möglichen neuen Instrumenten weist Wege zu einer Raumplanung, die die Ressource Boden schont, den Klimawandel abfedert, Bodenspekulation unterbindet und eine gute Architektur ermöglicht.
Wir alle sind aufgefordert, neu zu denken und zu handeln.
Die Ausstellung und die vom Az W herausgegebene Begleitpublikation bereiten den Boden dafür.
Ergänzend dazu widmet das aut im Herbst mehrere Veranstaltungen der Thematik und beleuchten dabei auch die Situation vor Ort in Tirol. So wird das von Landesrat Johannes Tratter initiierte Impulspapier "Alles Tun hat Raumbezug" vorgestellt und mit den Mitgliedern der Arbeitsgruppe diskutiert. Christoph M. Achammer wird in einem Vortrag konkrete Lösungsvorschläge für den Stopp der Flächenverschwendung aufzeigen, Roland Gnaiger Möglichkeiten einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung vorstellen. Der Klimatechniker Stefan Holst widmet sich ganzheitlichen Klima- und Energiekonzepten und die Stadtbaurätin von München Elisabeth Merk den Fragen nach einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung.
Film zur Ausstellung, © Architekturzentrum Wien
Publikation „Boden für Alle“
Herausgeberinnen: Karoline Mayer, Katharina Ritter, Angelika Fitz und Architekturzentrum Wien
Mit Essays von Saskia Sassen, Gerhard Senft, Vandana Shiva, Robert Temel und Gerlind Weber
Gestaltung: Manuel Radde und LWZ
erschienen 2020 bei Park Books, 320 Seiten, ca. 200 Abbildungen und Grafiken
ISBN 978-3-03860-225-5, Euro 38,00
Erhältlich im aut bzw. über das Az W zu bestellen
Boden für Alle
Eine Ausstellung des Az W Architekturzentrum Wien
Direktorin: Angelika Fitz
Geschäftsführerin: Karin Lux
Kuratorinnen: Karoline Mayer, Katharina Ritter
Kuratorische Mitarbeit: Lisa Gallian, Christina Kirchmair
Ausstellungsgestaltung: PLANET architects (Gerhard Abel und Corinna Danninger)
Ausstellungsgrafik: LWZ, Manuel Radde
Illustrationen/Animationen: LWZ
Adaption für das aut: Cam nhi Quach
Eine Ausstellung des Az W Architekturzentrum Wien über den sorglosen und kapitalgetriebenen Umgang mit der kostbaren Ressource Boden.
weiterlesen …Vertiefende Informationen zur Ausstellung "Boden für Alle" unter Verwendung von Auszügen aus der von Az W herausgegebenen Begleitpublikation.
weiterlesen …Ein Beitrag des Sachverständigen für örtliche Raumordnung beim Amt der Tiroler Landesregierung, erschienen in der aut:info 2/2022.
weiterlesen …Stündliche Führungen durch die Ausstellung "Boden für Alle", ein Rätselrallye für Kinder und ein Monopoly-Spiele-Tisch.
weiterlesen …Die Ausgabe 2/22 der Programmzeitschrift aut: info mit Hintergrundinformationen zur Ausstellung "Boden für Alle. Eigennutz oder Gemeinwohl" und zum Programm des aut zwischen Juli und Oktober 2022.
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