karoline mayer, katharina ritter: über tourismus
Eine gekürzte Fassung der Einleitung aus der Begleitpublikation „Über Tourismus“ der beiden Ausstellungskuratorinnen, erschienen in der aut: info 2/25.
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analysen, szenarien und alternative strategien
ausstellungSeit Jahrzehnten erfährt der Tourismus eine kontinuierliche Intensivierung und ist zu einem integralen Bestandteil unseres westlichen Lebensstils geworden. Die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte des Tourismus hat in vielen Regionen für Wohlstand gesorgt und Abwanderung verhindert. Der Erfolg zeigt aber auch immer öfter seine Schattenseiten wie grobe Umwelteingriffe für touristische Infrastrukturen und die Verdrängung der lokalen Bevölkerung durch steigende Bodenpreise.
Meistens sind die Vor- und Nachteile ungleich verteilt. Touristische Hotspots leiden unter dem Ansturm der Besucher:innen, während andere Orte abgehängt werden. Gemeinden sind zwiegespalten: Einerseits profitieren sie vom Tourismus, andererseits nehmen sie immer stärker unerwünschte Nebenwirkungen wahr. Und bedenkt man, dass der Tourismus mehr als andere Wirtschaftssektoren vom Klima abhängt, ist es erstaunlich, dass der Klimawandel ausgerechnet hier oft noch ein Randthema ist.
Wie können wir Tourismus in Zeiten von Klimakrise, Kriegen, drohenden weiteren Pandemien, Fachkräftemangel und einer anhaltenden Energiekrise neu denken und in nachhaltigere Bahnen lenken? Welche Rolle spielen dabei Raumplanung und Architektur?
Die Ausstellung „Über Tourismus“ des Architekturzentrum Wien beleuchtet – aufgeteilt in acht Kapitel – zentrale Aspekte des Tourismus wie Mobilität, Städtetourismus, Wechselwirkungen mit der Landwirtschaft, Klimawandel, die Privatisierung von Naturschönheit oder den Wandel der Beherbergungstypologien und geht der Frage nach, ob und wie Tourismusentwicklung geplant wird. Anhand von anschaulichen Illustrationen, Beispielen und Datenmaterial werden Phänomene thematisiert wie Kurzzeitvermietungsplattformen, „Kalte Betten“, der Vermögensaufbau durch Ferienimmobilien oder die sinkende „Tourismusgesinnung“ bei der Bevölkerung aufgrund der ausufernden Wohn- und Lebenshaltungskosten.
Vor allem aber sucht die Ausstellung nach Transformationspotential und stellt Initiativen vor, die einen anderen Umgang mit der Natur, der lokalen Bevölkerung, dem Klima, Städten und Dörfern oder der Mobilität pflegen und präsentiert anhand lokaler und internationaler Projekte wegweisende Lösungsansätze. Planungskonzepte unterschiedlicher Länder laden zu einem strategischen Vergleich und zahlreiche gelungene Beispiele machen Lust auf eine Art des Urlaubens, die nicht mehr ausschließlich dem Konsum sowie dem Wachstumsparadigma folgt. Im Zentrum bleibt die Frage: Wie können wir einen Tourismus imaginieren, der nicht zerstört, wovon er lebt?
Film zur Ausstellung, © Architekturzentrum Wien
öfter, weiter, kürzer
beschäftigt sich einerseits mit dem Trend, dass wir immer öfter und dafür kürzer verreisen, und andererseits mit dem Umstand, dass es vor allem die An- und Abreise ist, die den Anteil des Tourismus an den CO2-Emissionen am stärksten in die Höhe treibt, und geht dabei auf besonders umweltschädliche Mobilitätsformen näher ein.
teile deine stadt
befasst sich mit dem Begriff „Übertourismus“ und den Auswirkungen von zu starker Konzentration des Tourismus auf einzelne Städte. Im Zentrum steht das Phänomen der plattformgestützten touristischen Kurzzeitvermietung, das in Städten mit starker Tourismuskonzentration und schwachen gesetzlichen Regelungen zur Dysfunktionalität des Immobilienmarktes beigetragen hat.
zimmer frei
spielt auf eine eher neuere Dynamik an: die Abwanderung der lokalen Bevölkerung aus boomenden ländlichen Tourismusorten. Die Analyse von vier österreichischen Dörfern zeigt die Auswirkungen von zu viel oder zu wenig Tourismus – und dass es keine Patentlösung gibt.
der elefant im raum
im Zusammenhang mit dem Tourismus ist eindeutig der Klimawandel. Um sich Tourismus unter klimatisch veränderten Bedingungen im Jahr 2100 vorstellen zu können, bieten vier Szenarien eine Visualisierung der Folgen für verschiedene touristisch geprägte Orte in Europa – ausgehend von Erkenntnissen der Klimaforschung und mit ein wenig Satire gewürzt.
von kühen, wölfen und tourist:innen
analysiert das Verhältnis zwischen Tourismus und Landwirtschaft. Während die Freizeitwirtschaft mit der idyllischen Welt der Berge und Almen wirbt, sperren täglich landwirtschaftliche Betriebe zu, die allerdings für den Erhalt dieser Kulturlandschaften unbedingt gebraucht werden.
der gast will das!
geht den wachsenden Ansprüchen der Gäste an Beherbergungsbetriebe nach – und dem scheinbaren Zwang, diesen gerecht zu werden. Fünf Geschichten österreichischer Hotelbauten, die zwischen den 1910er- und 1970er-Jahren errichtet wurden, berichten von der Rolle guter Architektur und einem Fortbestand, der auch ohne große Wachstumsschübe ausgekommen ist.
privatisierung der schönheit
spürt der Eroberung der Natur durch den Menschen nach, die zu einem Run auf die schönsten Flecken der Erde und auf diverse Anlagemodelle in Betongold führt. Seitdem die meisten Badeseen restlos verbaut sind, richten sich die Begehrlichkeiten auf die Bergregionen in Form von urigen Chaletdörfern.
geplant oder passiert?
stellt die Frage, inwiefern touristische Entwicklungen von partikulären Dynamiken getrieben werden oder geplante Prozesse darstellen, die von staatlicher oder regionaler Ebene gelenkt werden. Um die Bandbreite der Ansätze zu verdeutlichen, werden Strategien und Systematik von Österreich, Südtirol, Frankreich, Bhutan und Ecuador vorgestellt.
publikation „über tourismus“
Herausgeberinnen: Karoline Mayer, Katharina Ritter, Angelika Fitz und Architekturzentrum Wien
Mit Essays von Linda Boukhris, Ana Gago, Maria Kapeller, Helga Kromp-Kolb, Kurt Luger, Arno Ritter, Arthur Schindelegger
Gestaltung: Manuel Radde& LWZ
erschienen 2024 bei Park Books, 400 Seiten, ca. 250 Abbildungen und Grafiken
ISBN 978-3-03860-362-7, Euro 38,00
Erhältlich im aut bzw. über das Az W zu bestellen
über tourismus. analysen, szenarien und alternative strategien
eine ausstellung des architekturzentrum wien
kuratorinnen Karoline Mayer, Katharina Ritter
assistenz Dina Unterfrauner
ausstellungsarchitektur ASAP, Ulrike Pitro & Florian Sammer
ausstellungsgrafik LWZ & Manuel Radde
Eine gekürzte Fassung der Einleitung aus der Begleitpublikation „Über Tourismus“ der beiden Ausstellungskuratorinnen, erschienen in der aut: info 2/25.
weiterlesen …Eröffnung der Ausstellung des Architekturzentrum Wien, die zentrale Aspekte des Tourismus beleuchtet und nach Transformationspotenzial sucht.
weiterlesen …Führung durch die Ausstellung des Architekturzentrum Wien, die zentrale Aspekte des Tourismus beleuchtet, und Ausklang mit Aperitif.
weiterlesen …Führungen durch die Ausstellung "Über Tourismus" um 19.00, 20.00, 21.00 und 22.00 Uhr sowie eine Rätselrallye für Kinder.
weiterlesen …Die neue aut: info (Ausgabe 2/25) ist Anfang Juni erschienen. Wir senden Ihnen das Programm, das ca. 3 x jährlich erscheint, gerne per Post zu und freuen uns über eine Portospende von EUR 15,-/Jahr.
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